Partnerinterview mit Ali Dervis-Greifenberg, Projektpartner Oberrhein und Projekt »Zukunft.Raum.Schwarzwald«

Foto von Ali Dervis-Greifenberg (Bildquelle: Projektpartner Oberrhein)

Herr Dervis-Greifenberg, Sie sind Netzwerk- und Innovations-Experte bei »Projektpartner Oberrhein« und dem Projekt »Zukunft.Raum. Schwarzwald«. Welche Ziele und Maßnahmen wollen diese vorantreiben?

Unsere Mission besteht darin, kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sowie Kommunen auf ihrem Weg durch den digitalen Wandel zu begleiten und zu unterstützen. Zu diesem Zweck initiieren wir Projekte, die durch Fördermittel unterstützt werden und in der Region Südbaden und Hochrhein umgesetzt werden. Dies ermöglicht es KMUs und Kommunen, auf unsere Ressourcen und unser Netzwerk zuzugreifen. Auf diese Weise können sie für die Thematik der Digitalisierung sensibilisiert werden und erhalten Unterstützung bei der Umsetzung eigener Digitalisierungsprojekte.

Sie haben sich zusammen mit namhaften Partnern, der Handwerkskammer Freiburg und der IHK Südlicher Oberrhein, erfolgreich um die gemeinsame Ausrichtung eines Popup Labors BW beworben hat. Welche Impulse erwarten Sie, wenn das Popup Labor in die Region Freiburg und Südlicher Oberrhein kommt?

Das Popup Labor zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, interaktive Formate während der Popup Labor Woche anzubieten. Dies bedeutet, dass die Teilnehmer:innen die Gelegenheit haben, sich aktiv einzubringen und aktuelle Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung im Berufsalltag zu diskutieren.

Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Veranstalter – Projektpartnern Oberrhein, Handwerkskammer, IHK und Fraunhofer IAO – können wir den Teilnehmenden eine breite Palette von Themen im Bereich der Digitalisierung anbieten. Diese Themen umfassen sowohl neue Trends als auch Lösungsansätze für gegenwärtige Herausforderungen wie beispielsweise der Umgang mit dem Fachkräftemangel mit Hilfe der Digitalisierung oder die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) im Arbeitsalltag. Darüber hinaus sind die ausgewählten Themen so konzipiert, dass sie für das Handwerk, den Handel, den Tourismus, die Industrie und andere Branchen sowie für Kommunen von Interesse sein können.

Was wäre aus Ihrer Sicht ein wünschenswertes Ergebnis? Welche Botschaften und Lernerfahrungen wird das Popup Labor im Gegenzug aus der Region mit nach Hause nehmen können?

Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmenden für neue Trends und mögliche Lösungsansätze aktueller Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung sensibilisiert werden. Das Popup Labor soll als Plattform dienen, um Wissen und Erfahrungen auszutauschen und innovative Ideen zu fördern. Wir hoffen, dass die Region Südbaden und Hochrhein durch das Popup Labor neue Impulse und Inspirationen für ihre digitale Transformation erhalten. Die Botschaft, die wir mitnehmen und mitgeben möchten, ist, dass die Zusammenarbeit und der offene Dialog zwischen verschiedenen Akteuren in der Region entscheidend sind, um den digitalen Wandel erfolgreich zu bewältigen.

 

(Bildquelle: Projektpartner Oberrhein)

 

Partnerinterview mit Ilka Döring, Handwerkskammer Freiburg

Foto von Ilka Döring (Bildquelle: Seehstern)

Frau Döring, als Startfrage: warum hat sich die Handwerkskammer mit Partnern beim kommenden Popup Labor BW in der Region Freiburg und Südlicher Oberrhein beworben?

Mich als Beauftragte für Innovation und Technologie mit Schwerpunkt Digitalisierung an der HWK Freiburg hatte das Konzept sehr angesprochen. Mit »Labor« verbinde ich die experimentelle Annäherung an unbekannte Themen, einen durch Neugierde motivierten Blick über den Tellerrand. Die digitale Transformation gibt es nicht vom Reißbrett und New Work ist ein fortlaufender Prozess, den Unternehmen ein Stück weit als Experimentierfeld betrachten sollten.

Unsere Region zeichnet sich durch eine sehr hohe Dichte an kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus. Das Ziel ist, die Vertreter dieser starken Wirtschaftskraft, egal ob aus dem Handwerk, aus Industrie oder dem Dienstleistungssektor, ob solider Familienbetrieb oder Hidden Champion, in inspirierenden Settings zusammenzubringen, den Austausch zu beflügeln und Impulse für Innovation und Veränderung zu geben.

Mit IHK, Zukunft.Raum.Schwarzwald und HWK haben sich für das Popup Labor drei Partner gefunden, die sich optimal ergänzen und ihre Kräfte bündeln – für ein ausgewogenes Verhältnis von Interaktion, Partizipation und Interdisziplinarität.

Aus der Perspektive des Handwerks – was macht die Region und ihre kleinen und mittelständischen Unternehmen so besonders?

Unsere Region ist ein eher dezentrales Flächengebiet mit Ausläufern in die Rheinebenen und weit in den Schwarzwald. Ein Großteil der Unternehmen befindet sich im ländlichen Raum und hat sich meist über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte in ihrem Segment spezialisiert. Die KMU sind Konjunkturtreiber sowie wirtschaftliches Rückgrat der Gegend mit sichtbaren Aktivitäten in Sachen Digitalisierung und Technologietransfer. Der südliche Oberrhein gehört seit Jahren zu den wachstumsstärksten Regionen Deutschlands, bietet Fachkräften beste Karrieremöglichkeiten und verfügt über eine rege Start-up-Szene.

Welche Themen im Großbereich Digitalisierung, Innovationen und Nachhaltigkeit sind für Sie die wichtigsten – im Popup Labor BW und darüber hinaus? Welche Ergebnisse sind für Sie kurz-, mittel- und langfristig erstrebenswert?

Grundsätzlich lassen sich diese Themen meiner Ansicht nach nicht trennen; die Schnittmenge sollte bestenfalls bei annähernd 100% liegen. Innovation ohne Digitalisierung ist quasi nicht mehr denkbar, und sinnvoll digitalisierte Prozesse müssen immer nachhaltige Effekte haben, sonst verzichtet man besser auf die Digitalisierung. Egal worum es geht: Es mangelt nach wie vor am viel zitierten erforderlichen »Mindset«: Ein Umdenken von der traditionellen Herangehensweise mit »Start – Zwischenetappe – Ziel« hin zu »Erfinden – Ändern – Wiederholen« ist erstrebenswert und erforderlich, um enkelfähig zu werden. Als Ergebnis aus dem Popup Labor sollten die Teilnehmenden mit Umsetzungsideen nach Hause gehen oder etwas gelernt haben, woran sie anknüpfen können.

 

(Bildquelle: Seehstern)

 

Partnerinterview mit Emmanuel Beule, IHK Südlicher Oberrhein

Foto von Emmanuel Beule (Bildquelle: IHK Südlicher Oberrhein)

Herr Beule, Sie sind Experte für Digitale Transformation bei der IHK Südlicher Oberrhein, Sie stehen im täglichen Austausch mit der Wirtschaft und ihren Menschen. Wo drückt bei den kleinen und mittleren Unternehmen der Schuh?

Eher Schuhe, im Plural, um im Bild Ihrer Frage zu bleiben. Ohne Zweifel, und das ist für niemanden mehr neu, drückt der Arbeits- und Fachkräftemangel in allen Branchen. Angefangen bei unbesetzten Ausbildungsberufen geht es weiter mit fehlenden Berufseinsteigern. Hinzu kommt ein nur schwer (be)greifbarer Effekt: Es gibt immer mehr Beschäftigtengruppen, vor allem junge Menschen und über alle Altersgruppen hinweg die in den höheren Einkommensgruppen, die häufiger als früher den Arbeitgeber wechseln.

Interessanterweise – die Hinweise verdichten sich, sind aber noch nicht bestätigt – kehren viele dieser Personen zu dem Unternehmen zurück, das sie zuvor verlassen haben. Die Gründe dafür aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Ich nenne einige weitere Punkte, die für sich selbst sprechen, aber in der Zusammenschau deutlich machen, unter welchem Druck die Unternehmen und letztlich wir als Wirtschaftsraum in immer gefährlicheren Szenarien stehen:

    • gesetzlich geforderte ökologische Nachhaltigkeitsaspekte, die kurzfristig (zu) teuer sein können
    • Fachkräftemangel ohne verfügbare Lösungskonzepte durch Zuwanderungsmöglichkeiten oder Substitution durch Automatisierung und digitale Transformation
    • die verzögerten wirtschaftlichen Auswirkungen durch Corona-Maßnahmen
    • eine globale Zeitenwende durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine mit z.B. den Folgen steigender Energiepreise und in Frage gestellter internationaler Handelsabkommen, gestörten Lieferketten
    • eine zunehmend diffuse Informationslage, gefördert durch die vierte Gewalt im Staat, hier die Online-Presse, die Schlagzeilen produzieren muss, um Leser zu mobilisieren, dabei aber durch das Medium »Online« selbst in die Krise gerät. Grund dafür sind unter anderem Fakenews, die von selbsternannten Schlagzeilenpropheten in Social-Media-Kanälen verbreitet werden, als gäbe es kein Morgen (aber auch Trolle im Auftrag von Regierungen oder Menschen, die die Demokratie beerdigen wollen)
    • ein hektisches und für viele nicht mehr nachvollziehbares politisches Geschehen, das vielleicht auch aus dem zuvor genannten Punkt resultiert – denn selten mussten so viele Krisenszenarien gleichzeitig von einer neu gewählten Regierung gelöst werden

Die Liste ist unvollständig und ich komme zum Punkt: Die kleinen und mittleren Unternehmen leiden unter einer zunehmenden Dichte von Transformationsanforderungen.

Erschwerend kommt folgendes Phänomen hinzu: Gerade im deutschsprachigen Raum sind wir es gewohnt, bestehende Strukturen zu verteidigen und Krisenkonzepte umzusetzen. Innovationsfähigkeit, ein stabiler Staat und die Marke Made in Germany haben uns jahrzehntelang Wohlstand und Wachstum beschert. Aber die Innovationskraft ist weltweit gestiegen und es gibt sehr gute Produkte aus anderen Ländern. Und wenn wir nicht aufpassen, werden wir überholt – was zum Teil schon geschehen ist.

Was heißt das in Bezug auf Digitalisierung?

Das Sprichwort – um noch einmal auf die Schuhe zu kommen – »Die Schuster tragen die schlechtesten Schuhe« – passt perfekt auf den messbaren digitalen Reifegrad von Unternehmen. „Partnerinterview mit Emmanuel Beule, IHK Südlicher Oberrhein“ weiterlesen