Partnerinterview mit Andreas Hildenbrand, IHK Rhein-Neckar

Herr Dr. Hildenbrand, Sie sind Geschäftsführer der IHK Rhein-Neckar am Standort Mosbach. Aus dieser Perspektive heraus betrachtet – was macht die ganze Region und ihre kleinen und mittleren Unternehmen so besonders?

Im Neckar-Odenwald-Kreis sind marktführende und ausbildungsstarke Unternehmen zuhause. Das gilt vor allem für Industriebetriebe. Diese Unternehmen sind meist mittelständisch geprägt und werden familiär geführt. Außerdem sind die Eigentümerfamilien oft stark sozial engagiert. Mit diesem Engagement unterstützen sie wesentlich das Miteinander in unserem ländlichen Raum und tragen damit zu dessen Attraktivität entscheidend bei.

Gleichzeitig müssen sich auch die regionalen Industriebetriebe im internationalen Wettbewerb bewähren, sowohl auf den Produkt- als auch auf den Arbeits- und Ausbildungsmärkten. Deshalb sind sie bestrebt, ihre „digitalen Muskeln“ auf- und auszubauen. Einerseits bewegen sie sich kontinuierlich nach vorne. Anderseits sind zeitliche und finanzielle Ressourcen knapp, um international mit den Besten mitzuhalten.

Dass mit dem Popup-Labor BW wichtige Ressourcen im ländlichen Raum aktiviert werden, um die Digitalisierung und damit die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu stärken, ist eine Chance für unsere Region.

In Ihrer Funktion stehen Sie Gründern und Unternehmern mit Rat und Tat zur Seite. Welche Themen werden bei Ihnen besonders häufig angefragt? Wo sehen Sie mit Hinblick auf betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Herausforderungen bildungs- und innovationspolitische Handlungsbedarfe?

DIE Herausforderung im ländlichen Raum ist die Fachkräftesicherung: Geburtenstarke Jahrgänge verlassen zunehmend den Arbeitsmarkt und geburtenschwache Jahrgänge stehen am Übergang von Schule und Beruf, zudem wollen junge Menschen oft studieren und wandern dazu in die urbanen Räume ab. Somit herrscht im ländlichen Raum besonders Druck auf dem Arbeitsmarkt und auf dem Ausbildungsmarkt.

Wertvolle Unternehmensprozesse kann man nur aufrechterhalten, wenn Arbeitsprozesse durch Digitalisierung flexibilisiert werden. Dass sich insbesondere junge Menschen flexible Arbeitsprozesse wünschen, ist dahingehend ein Glücksfall, weil so parallel die Attraktivität auf den Ausbildungs- und Arbeitsmärkten gesteigert wird. Gleichzeitig werden Fachkräfte benötigt, um die Digitalisierung voranzutreiben. Immer mehr Unternehmen berichten, dass diese Fachkräfte fehlen.

Umso wichtiger werden Kooperationen im Bereich des Technologietransfers, besonders im ländlichen Raum. Wir sind Teil des Technologietransfersystems BW und unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen bei der Digitalisierung in allen Bereichen und Prozessen.

Welche Rolle spielt dabei das Thema Künstliche Intelligenz (KI)?

Breiten Einsatz findet Cloud-Computing. Ziel ist es, Flexibilität und Effizienz zu steigern, indem Mitarbeiter ortsunabhängig auf Dateien und Anwendungen zugreifen. Edge-Computing wird am zweithäufigsten genutzt. Daten werden in dezentralen Geräten verarbeitet, die Maschinen, Fahrzeuge oder Alltagsgegenstände wie Lampen oder Küchengeräte über das Internet steuern. Das Stichwort heißt „Internet of Things“ oder „IoT“.

Die Rolle von Künstlicher Intelligenz und von Maschinellem Lernen wird immer wichtiger. Ziel ist es, Wissens- und Erfahrungsverlust, der durch die oben beschriebene demografische Entwicklung entsteht, zu kompensieren. In der Industrie sind weitere Ziele, dass die Inbetriebnahmezeiten verkürzt und die Anlagenresilienz gegenüber Veränderungen in der Umgebung oder in den Rohstoffen gesteigert wird.

Welche Impulse und Ergebnisse des kommenden Popup-Labors wären für Sie kurz-, mittel- und langfristig wünschenswert?

Langfristig wünschenswert wäre es, die regionale Wirtschaft durch Wissenstransfer zu stärken und regionale Akteure bei der Digitalisierung in allen Bereichen und Prozessen zu vernetzen.

Das gelingt nur dann, wenn das Popup-Labor BW in Buchen und in der Umgebung die „richtigen“ Akteure mit den „richtigen“ Themen zusammenbringt.

Kurzfristig wünsche ich mir deshalb ein attraktives und ausgebuchtes Popup-Labor BW, sodass aus einer Plattform in Buchen mittelfristig ein regionales Netzwerk entsteht.

 

(Bildquelle: IHK Rhein-Neckar)