Am zweiten Tag des Popup-Labors in Sigmaringen konnten die Teilnehmenden anhand eines Beispiels aus der Praxis das Thema Smart Factory kennenlernen. Eingeladen waren zu diesem Anlass das Unternehmen Stecher Automation GmbH und Benjamin Schneider, Experte für Advanced System Engineering am Fraunhofer IAO. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie konnte der Workshop jedoch nicht wie ursprünglich geplant im Innovationscampus Sigmaringen stattfinden. Dr. Bernhard Kräußlich von der Wirtschaftsförderungs- und Standortmarketinggesellschaft Landkreis Sigmaringen streamte die Veranstaltung kurzerhand auf Youtube.
Zeitmarken zum Gesamtvideo
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- [00:07:20 Stunden] Begrüßung (Fröschle und Dr. Kräußlich)
- [00:13:12 Stunden] Megatrends im Engineering (Schneider)
- [00:32:25 Stunden] Das Mobile Plug-In Labor (Schneider)
- [00:39:29 Stunden] Vorstellung Stecher-Automation (Günter Schneider und Helbig)
- [00:48:51 Stunden] Die Matrix-Zelle (Simon Stecher)
- [01:08:46 Stunden] Schlussrunde (Dr. Kräußlich, Schneider und Fröschle)
Zukünftige Produktentstehung als interdisziplinäres Feld
Die Digitalisierung macht auch vor der Produktentstehung nicht Halt und stellt die Produktentwickler:innen stets vor neue Herausforderungen. So entstehen Produkte immer häufiger nicht isoliert und unabhängig voneinander, sondern vielmehr digital und vernetzt als Produkt-Service-Systeme. Um die daraus entstehende Komplexität zu beherrschen, sei eine disziplinübergreifende Kollaboration unbedingt erforderlich, erklärt Benjamin Schneider. So sei man davon überzeugt, dass insbesondere Engineering und das Produktionsumfeld stärker zusammenwachsen müssen. Nur so könne man durchgängige Schnittstellen und eine dementsprechend durchgängige Produktentstehung gewährleisten. Der Frage, wie solche neuen Produkte effizient entwickelt werden können, widmet sich das Forschungsprogramm ASE (Advanced System Engineering) am Fraunhofer IAO, dem Schneider angehört.
Mit dem mobilen Plug-In Labor liefert das Forschungsteam seit diesem Jahr auch kleinen und mittelständischen Unternehmen konkrete Anwendungsbeispiele für Advanced System Engineering . Das Labor besteht dabei aus einem Container, der mit den neuesten Technologien für digitale Produktentstehungsprozesse bestückt ist. Gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus konnten hier im Rahmen der „Digitalisierungstour BW 2021“ eine Vielzahl an KMU in Baden-Württemberg sich individuell beraten lassen, Mitarbeiter weiterbilden und Projektideen in der Praxis testen.
Wie funktioniert die Smart Factory von Stecher Automation?
Auch das mittelständische Unternehmen Stecher GmbH sah sich den Herausforderungen der Digitalisierung und den damit einhergehenden technologischen Veränderungen gegenüber. Im Jahr der Finanzkrise 2008 habe man deshalb evaluiert, wie man durch Automation am besten wettbewerbsfähig bleiben könne, erzählt Simon Stecher. Aufgrund der Tatsache, dass die gekauften Lösungen nur sehr „dürftig“ waren, gründete man 2014 die eigene Automatisierungsabteilung Stecher Technik (S-TEC). Bereits nach fünf Jahren gliederte man ebenjene Abteilung als das incorporated Start-up Stecher Automation GmbH aus. 2020 wurde das Unternehmen schließlich für die Interpretation der eigenen Matrix-Zelle – als Weg zur Smart Factory – mit dem renommierten Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg Dr.-Rudolf-Eberle-Preis ausgezeichnet.
Herkömmliche Automatisierungen werden auf einzelne Bauteile begrenzt – das sei aber im Kontext der Smart Factory kontraproduktiv, erklärt Simon Stecher. So habe man bei Stecher Automation nicht die Produkte automatisiert, sondern die dafür notwendigen Arbeitsprozesse. Einzelne Prozesschritte, wie das Fräsen oder das Schleifen, werden in einer Matrix-Zelle dynamisch miteinander vernetzt. So können verschiedene Produkte mit den gleichen Robotorzellen gefertigt werden. Fahrerlose Transportysteme ermöglichen dabei einen reibungslosen Materialfluss. Durch das allem überstehende „Matrix Control System“, das die Informationen verarbeitet, können die Prozesse direkt aus dem Warenwirtschaftssystem bzw. ERP personenlos gesteuert werden. Die aus den verschiedenen Prozessen generierten Daten können verwendet werden, um einen permanenten Optimierungskreislauf zu ermöglichen.
Die variable und flexible Smart Factory von Stecher Automation sei eine Antwort auf Probleme, welchen sich vor allem der Mittelstand ausgesetzt sehe, betonte Stecher stolz am Ende seines Vortrags. Denn: für die Integrierung der Smart Factory benötige man eben keinen teuren Hallenumbau.
(Bildquelle: YouTube Kanal – WirtschaftsRADAR Landkreis Sigmaringen)